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Wird Australien bald zum Endlager für weltweiten Atommüll?

In Australien gibt es noch kein Endlager für Atommüll. Seit Jahrzehnten soll das geändert werden, doch bisher ohne Erfolg. Sorgfältig ausgewählte Örtlichkeiten, deren Anwohner außerdem recht gut entschädigt werden würden, könnten bald zu einer Lösung führen. Dennoch gibt es weiterhin unzählige Gegner.

Der gute alte Atommüll. Was wurde nicht schon alles dafür und dagegen getan, wild darüber diskutiert und demonstriert, dass die Fetzen flogen. Keiner kann mit, aber auch kaum jemand ohne Atommüll leben.

Nun könnte man meinen, geeignete Endlager zu finden ist vor allem hier im dicht besiedelten Europa ein Problem. In einem riesigen Land mit verglichen verschwindend geringer Dichte, wie beispielsweise Australien, sollte es doch einfacher sein, ein abgelegenes Gebiet zur Entsorgung radioaktiven Abfalls zu finden.

Falsch gedacht! Auch auf der Südhalbkugel ist besagtes Problem allgegenwärtig und sorgt für Aufruhr.
Der Hauptbestandteil des radioaktiven Mülls kommt dort aus der Medizin- und Forschungsbranche.
Australien betreibt bislang noch kein einziges Atomkraftwerk, da es genug Kohle gibt, die für die Energiegewinnung genutzt wird.
Weiterhin lagert der Staat als drittgrößter Uranexporteur hier 31% des gesamten Uranvorkommens der Welt.

Für die Regierung liegt die Lösung längst auf der Hand. Seit über 20 Jahren will man durchsetzen, dass das Endlager für Atommüll in abgelegenen Gebieten in South Australia oder dem Northern Territory eingerichtet wird. Genauer gesagt dort, wo “nur” Menschen der schwächsten Randgruppe Australiens angesiedelt sind: Aboriginals.
Da diese sich inzwischen gut zur Wehr setzen können und auch von außen viel Unterstützung erhalten, konnte dieses Vorhaben durch starke Oppositionen stets zurückgewiesen werden.

Dennoch löst sich die Situation nicht von selbst, der Druck auf die Verantwortlichen steigt und steigt. Vor allem, seitdem Ende vergangenen Jahres 25 Tonnen Atommüll aus Frankreich in einem Zwischenlager in Lucas Heights in Südsydney darauf warten, endgelagert zu werden.
Ende der 90er und Anfang der 2000er wurde Uranium aus Australien nach Frankreich gebracht, wo es in Kernkraftwerken verarbeitet wurde. Der daraus entstandene radioaktive Abfall wurde nun wieder zurückgesandt.

Um möglichst bald einen Ort zu finden, an dem Australiens Atommüll gelagert werden kann, zieht die Regierung nun neue Register.
So wurden Grundbesitzer des gesamten Staates aufgefordert, ihr Land freiwillig anzubieten. Diese ließen sich das nicht zweimal sagen, immerhin winkt dem Auserwählten eine Entschädigung, die das Vierfache des eigentlichen Grundwertes ausmachen soll. Die Bewohner im Umkreis des Endlagers sollen außerdem mit 10 Mio. AU$ in ihrer Infrastruktur unterstützt werden.

Aus den vielen Angeboten wurden bereits sechs ausgewählt, aus denen Ende 2016 schließlich eine Örtlichkeit auserkoren werden soll, die dann Australiens erstes Endlager bergen wird.
Die Liste enthält drei Standorte in South Australia: Cortlinye, Pinkawillinie und Barndioora, außerdem stehen Hale im Northern Territory, Sallys Flat in New South Wales und Oman Ama in Queensland zur Auswahl.
Die Entscheidung für diese Sechs wurde nach fachmännischer Untersuchung verschiedener Kriterien wie Geologie, Naturverhältnis und Wirtschaft getroffen.

Wie überall, wo es um die Entsorgung von radioaktivem Atommüll geht, scheiden sich die Geister, und das nicht zu knapp.
Einige Anwohner, die möglicherweise in einigen Jahren in der Nähe eines Endlagers wohnen, setzen sich schon jetzt lauthals dagegen zur Wehr.
Argumente wie verseuchte Grundwasservorkommen und ganze Landstriche, die durch den Atommüll zerstört oder nicht mehr betretbar werden würden, sind da keine Seltenheit.
 

 
Andere dagegen halten die Entschädigung von 10 Mio. AU$ für eine gute Möglichkeit, die hohe Arbeitslosigkeit zu verringern, indem die Infrastruktur aufgefrischt wird. Außerdem werden durch das Atommülllager Vollzeitjobs entstehen, die ebenfalls vielen Bürgern zugute kämen.
Einige Politiker sehen vor allem die wirtschaftlichen Vorteile und plädieren gar für ein internationales Atommülllager in Australien.

Eine weitere Möglichkeit wäre es, das Zwischenlager in Lucas Heights in New South Wales kurzerhand zum Endlager umzugestalten, wo ohnehin schon der Hauptbestandteil des australischen Atommülls lagert. Jim Green, ein Friends of The Earth Aktivist, ist für genau diesen Lösungsweg.
Laut ihm gibt es gar keinen besonderen Grund, die Unmengen an strahlendem Abfall von dort wegzubringen. Als Australiens einziger Forschungsreaktor würde hier besonders viel Atommüll produziert, und die Gefahr der Verstrahlung der Umwelt läge besonders beim Transport. Außerdem sei das Lager bereits perfekt ausgestattet und hätte genug freien Speicher.
Einziges Problem: die vielen Bewohner im Umkreis, die natürlich Angst vor der Strahlung haben. Doch die gibt es offensichtlich überall.

Alles in allem wird der Atommüll durch jahrelange Diskussionen nicht weniger. Egal, wo ein Endlager erbaut werden soll, es wird immer Gegner geben, frei nach dem Motto “Nimm du ihn, ich will ihn auch nicht.”.
Da er in Australien hauptsächlich in der Forschung und Medizin entsteht, profitiert aber letztendlich jeder von den Erzeugern des radioaktiven Abfalls. Möglicherweise sollte man sich eher das ins Gedächtnis rufen, als Unfälle wie in Tschernobyl oder Fukushima, an denen wohlgemerkt Kernkraftwerke schuld trugen, keine Atommülllager.

Eine Entscheidung muss demnächst so oder so gefällt werden. Man kann wohl froh sein, wenn man nicht derjenige ist, der sie verkündet.


Quellen: theguardian , RFI , ABC News, Wikipedia
© Fotos: Jana Nollmann

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Jasmin Rhein

Da sie schon als Kleinkind von ihren Eltern quer durch die Welt geschleppt wurde, blieb Jasmin eigentlich nichts anderes übrig, als vom Reisefieber angesteckt zu werden. Noch vor dem Studium stehend sieht sie sich geplagt von der Entscheidung einen Zukunftsweg zu wählen, bei der Vielfalt, die die Welt noch für sie zu bieten hat. Als passionierte Surferin und Schnorchlerin aber ließ Australien nicht lange auf sich warten!
Seitdem ergänzt Jasmin das Reisebine-Team als freie Autorin.

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