Ein besonders tragisches Verbrechen hat sich vergangenes Wochenende in Hughes, einem südlichen Vorort der australischen Hauptstadt Canberra ereignet. Die örtlich bekannte und überall beliebte „Granny“ (auf Deutsch: „Oma“) wurde in der Nacht von Samstag auf Sonntag nicht nur sorgfältig bis auf Kniehöhe „verstümmelt“, sondern anschließend auch „verschleppt“. Bis heute fehlt jede Spur.
Es ist eine Neuigkeit, die die Bewohner der Vorstadtgegend Hughes seit Sonntagmorgen in Trauer und Ärger versetzt. Ihre geliebte „Little Old Lady“, eine realistische und lebensgroße Bronzestatue, die im nächsten Jahr ihren 20igsten Geburtstag gefeiert hätte, ist am Wochenende von unbekannten Tätern mutwillig zerstört worden. Sorgfältig wurde der Körper der Frau unterhalb der Knie, an der womöglich schwächsten Stelle, abgetrennt und mitgenommen.
Das eigentlich den Namen „Stepping Out“ (auf Deutsch: „heraustreten“) tragende Kunstwerk hatte bis vor kurzem vor den Shops von Hughes gestanden und den Einwohnern große Freude bereitet. Immer wieder hatten sie ihre „Granny“ getätschelt, die Frau mit Blumen oder Weihnachtsschmuck dekoriert und ihr im Winter sogar Schals und Pullover angezogen.
Auch bei Baumfällarbeiten und Restauration war sie bedacht und vorsorglich umzäunt worden, damit sie unter keinen Umständen Schaden davon tragen konnte.
Dass diese lokale Berühmtheit, die als Teil der Stadtgemeinde angesehen wurde, nun nicht mehr da ist, empfinden viele Menschen als großen Verlust.
„Ich bin wütend, geschockt und enttäuscht“, äußerte sich Giovanna Ianniello, die 1997 zusammen mit Gerard Murphy an der Bronzestatue gearbeitet hatte. Für die Schöpferin von „Stepping Out“ fühlt es sich an „als würde eine lebende Person fehlen“, sagte sie nach Bekanntwerden des Verbrechens.
Auch wenn sich der Vandalismus nicht mehr ungeschehen machen lässt, rätselt Ianniello, wie viele andere über die Beweggründe des Täters. Finanzieller Profit durch Einschmelzen und Verkaufen des Bronze scheint als Motiv unwahrscheinlich, bedenkt man die sorgfältige und vor allem zeitaufwendige Abtrennung der Beine.
Vielmehr erweckt die Nacht-und Nebel-Aktion mit dem traurigen Ausgang den Anschein eines nicht durchdachten Scherzes oder möglicherweise einer Wette.
Viele Einwohner Hughes wünschen sich nach dem Vorfall nun einen Ersatz für die Dame in ihrer Mitte, doch Ianniello lehnt ab – nach 20 Jahren steht die alte Gussform für die „Little Old Lady“ nicht mehr zur Verfügung. Trotzdem möchte die Schöpferin von „Stepping Out“ einen anderen örtlichen Künstler bei der Errichtung einer neuen Statue unterstützen und beraten.
Währenddessen sucht die Polizei weiter nach einer Spur. Den Täter und mögliche Komplizen erwarten im schlimmsten Fall zehn Jahre im Gefängnis. Die Bevölkerung wurde zur Mithilfe aufgerufen und Hinweise von Zeugen sind erwünscht.
Neben den negativen Folgen der Zerstörungswut gibt es für Ianniello immerhin aber auch einen Lichtblick: Die Diskussion um das Thema öffentliche Kunst ist nach dem jüngsten vandalistischen Akt in Hughes für die Gesellschaft aktueller denn je.
Quelle: Canberra Times, ABC Australia
© Foto: artsACT
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