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Terminänderung für den Australia Day?

© Foto: Pixabay / Tim Lin

Jedes Jahr aufs Neue werden zum Australia Day am 26. Januar Stimmen laut, die eine Verschiebung des Nationalfeiertages von Australien, zum Beispiel auf den 01. Januar, fordern.

Und jährlich grüßt das Murmeltier…
So scheint es jedenfalls, denn die Debatte über das Datum des Australia Day wiederholt sich jedes Jahr – mit fast immer den gleichen Argumenten, der gleichen Wut und Trauer auf der einen und Ignoranz und Unverständnis auf der anderen Seite.

Aber schauen wir uns die Seiten einmal an:

Diejenigen, die für eine Verschiebung des Australia Day argumentieren, sind natürlich in erster Linie die Aborigines. Für sie ist der 26. Januar kein Grund zum Feiern, denn er erinnert an den Tag im Jahre 1788, als die Briten in Australien landeten, um den Kontinent – bzw. zuerst New South Wales – zu einer britischen Kolonie zu machen. Was diesem Tag folgte, war mehr als ein Jahrhundert der Entrechtung, Diskriminierung und Enteignung der Aborigines durch die Kolonialmacht.

Von Wirtschaftsexperten bekommen die Aborigines viel Zustimmung – nicht weil jenen Experten so viel an der Kultur der Ureinwohner liegt, sondern schlicht weil der Feiertag am 26. Januar (und die darauf folgenden zahlreichen „Krankmeldungen“ am 27. Januar) jedes Jahr für große Verluste für die Arbeitgeber sorgt. Dieses Jahr wird allein die Abwesenheit von verkaterten Angestellten am 27. Januar die Firmen insgesamt über 62 Millionen Euro kosten.

Die Vorschläge für eine Datumsänderung sind somit klar: Entweder man verschiebt den Australia Day auf den 01. Januar, um damit an den 01. Januar 1901 zu erinnern, an dem die sechs britischen Kolonien sich zu der australischen Nation vereinigten – oder aber man schiebt den Feiertag immerhin auf ein Wochenende, eventuell mit anschließendem freien Tag am Montag, damit den Hangover-Geplagten immerhin ein oder zwei Tage Zeit bleiben, sich auszukurieren.

Auf der anderen Seite stehen hauptsächlich Weiße – zum Teil Patrioten, zum Teil schlicht die, die ihren freien Tag nicht einer Verschiebung zum Opfer fallen lassen wollen.
Doch auch hier gibt es eine Reihe solider Argumente:

Der Punkt des Australia Day ist für den durchschnittlichen Australier ja nicht, mit einem Bier in der Hand dazusitzen und „Tod den Aborigines!“ zu brüllen. Im Gegenteil. Was gefeiert wird, ist nicht das Leid der Ureinwohner, sondern ihre faszinierende Kultur. Kaum einer denkt noch an die paar hundert britischen Sträflinge, die 1788 in Australien ankamen, um die Kolonie aufzubauen. Und wenn doch, dann nur, um ihnen zu danken, dass sie es für einen möglich gemacht haben, in Australien zu wohnen und die reichhaltige Kultur der Aborigines miterleben zu können.

Dabei sind natürlich die weißen Australier nicht die einzigen, die von der britischen Kolonialisierung profitiert haben. Es steht außer Frage, dass den damaligen Aborigines viel Gewalt angetan wurde – dass das Massensterben und die Enteignung der Ureinwohner grässlich war, bestreitet niemand und sollte auch niemand bestreiten.
Doch gerade für heutige Eingeborene ist das Leid nur noch eine entfernte Erinnerung. Aktuell und real dagegen sind jedoch all die Vorzüge, die die Briten über die Jahre mit sich brachten. Landwirtschaft, Architektur, Abwassersysteme, Technik – kurzum: fortgeschrittene Zivilisation, von der die Aborigines heutzutage ebenso profitieren wie alle anderen Australier.

Natürlich haben die australischen Ureinwohner jedes Recht, am 26. Januar den Verbrechen, die von den britischen Siedlern begangen wurden, zu gedenken. Das will ihnen auch niemand nehmen. Es werden allerdings immer wieder Befürchtungen geäußert, dass der große Aufschrei rund um den Australia Day lediglich als Vernebelung dient für all die realen Probleme, die heutzutage in den einheimischen Communities bestehen.

Den Australia Day zu verschieben wäre also vielleicht eine nette Geste, würde aber nichts ändern beispielsweise an dem Level von Alkoholismus und Gewalt unter den Aborigines.
Im Gegenteil; den Feiertag zu verschieben, würde das schädliche Narrativ, dass die Europäer und Weißen an all dem Leid der Aborigines Schuld sind, noch verstärken. De facto kommt die meiste Gewalt, die in den heutigen Zeiten gegen die Ureinwohner verübt wird, aber von ihnen selbst – sie verüben mit einer etwa 20 mal höheren Rate Gewalttaten als ein durchschnittlicher weißer Australier. Gerade Frauen und Kinder sind in den Aborigine-Gemeinschaften einem hohen Maß an Gewalt ausgesetzt.

Doch darüber regt sich kaum einer auf; und das Datum des Nationalfeiertags Australiens zu ändern, wird das Problem garantiert nicht lösen. Und so ist es nicht schwer, zu dem Schluss zu kommen, dass ein großer Teil der Debatte lediglich „virtue signalling“ ist (also das Demonstrieren von augenscheinlicher Tugend und Empathie), damit man sich danach für seine herausragende Hilfsbereitschaft auf die Schulter klopfen kann – und die realen Probleme der indigenen Community weiterhin verdrängen kann.


Quellen: cairnspost.com.au, theconversation.com
© Foto: Pixabay / Tim Lin

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Reemda Goesmann

So weit weg wie möglich – das war Reemdas Ziel, als sie nach dem Abitur aufbrach, um Neuseeland zu bereisen. Nach elf Monaten war das Land zu einer zweiten Heimat für sie geworden, weshalb sie nun alle anderen geplanten Reiseziele aus den Augen verloren hat und regelmäßig zwischen Deutschland und Neuseeland hin- und herjettet.

3 Kommentare

  • Leider kann ich die Argumente für den Australia Day nicht nachvollziehen. “Was gefeiert wird, ist nicht das Leid der Ureinwohner, sondern ihre faszinierende Kultur.” Schön wär’s, aber am 26. wird doch vor allem gesoffen und mit Fahnen geschwenkt. Die Aboriginal Kultur interessiert viele Australier die Bohne. “[…] dass das Massensterben und die Enteignung der Ureinwohner grässlich war, bestreitet niemand und sollte auch niemand bestreiten.” Schön wär’s, aber ich habe schon etliche Diskussionen mit Australiern geführt, die diese Dinge bagatellisieren oder sogar verneinen. Australien kennt keine Erinnerungskultur was die Massaker an Aboriginal People betrifft, in den Schulen ist die haßliche Vergangenheit viel zu unterbelichtet. Es sind genau Feierlichkeiten wie Australia Day die die Geschichte vernebeln. Natürlich kommt dann auch noch der Alkohol Mythos. Es gibt genügend Statistiken, die zeigen, dass Alkohol kein spezifisches Aboriginal Problem ist, sonder ein australisches Problem. Alkoholmisbrauch unter Weißen ist oft weniger sichtbar, weil er zu Hause oder im Pub stattfindet. Aber an Tagen wie Australia Day oder der Melbourne Cup kann man schön sehen, wie exzessiv die Aussies saufen können. Und die realen Probleme die gibt es, aber was erwartet man nach 229 Unterdrückung, Enteignung und Diskriminierung. Das sind keine Dinge der Vergangenheit, sonder der Standardumgang mit Aboriginal People, aktiv gestützt von der Regierung. Auch heute noch. Die Regierung erntet was sie schon seit Jahrzenten säht. Darüber regen genügend Leute sich auf. Gerade Aboriginal People, aber dás interessiert keinen. Zum Schluss das Argument, dass die Briten fortgeschrittene Zivilisation gebracht haben. Was ist das genau. Die Aboriginal People hatten bereits eine fortgeschrittene Zivilisation. Sie hatten sich optimal entwickelt und an ihre Umgebung angepasst um 60.000 Jahre in einer feindselige Umgebung zu überleben. In 229 Jahre haben die Europäer Flüsse verseucht, die Erde durch Tagebau verschandelt und das Great Barrier Reef absterben lassen. Ein richtiger Fortschritt. Das ist das schädliche Narrativ das es mit Australia Day zu verbergen gilt.

    • Hallo Basnetz,

      danke für deinen Kommentar – schön, dass dir die Aborigines so am Herzen liegen.
      Zuerst einmal möchte ich nochmal auf die im Artikel angegebenen Quellen verweisen, da findest du noch genauere Ausführungen zu einigen von den Argumenten, denen du widersprochen hast.

      Leider habe ich den Eindruck, dass du den Artikel nicht besonders aufmerksam gelesen hast. Aber der Reihe nach…
      Stimmt, viele Australier nutzen den Tag lediglich, um sich zu besaufen, und feiern damit weder das Leid noch die Kultur der Aborigines. Dennoch gibt es in fast jeder großen Stadt in Australien immer auch Events, die die Kultur der Aborigines zeigen und feiern. Natürlich reihen diese sich in eine lange Liste anderer Events ein, die mit dem indigenen Volk nicht unbedingt was zu tun haben – aber es ist ja schließlich auch der Australia Day und nicht der Aboriginal Day.

      Wenn jemand völlig verneint, dass die Aborigines jemals Gewalt von den weißen Siedlern ausgesetzt waren, sollte sich tatsächlich nochmal mit einem Geschichtsbuch zusammensetzen.
      Aber mir stellt sich die Frage, an was für Diskussionen du genau denkst. Immerhin ist es durchaus valide, die Beziehung zwischen Briten und Aborigines differenziert zu betrachten. Beispielsweise das Massensterben der Aborigines ist zweifelsohne grässlich – aber nur bedingt die Schuld der britischen Siedler. Immerhin sind die meisten der Ureinwohner durch Krankheiten gestorben, die die Briten mitgebracht haben, gegen die sie selbst aber zu gewissem Grade immun waren. Das ist schade und bedauernswert, aber nur schwerlich als böse Absicht auf Seiten der Siedler zu betrachten.

      Auch was den Alkohol angeht, hast du zu gewissem Grade Recht: Weiße trinken zu ähnlichen Prozentsätzen wie Aborigines. Dabei ist allerdings zu beachten, dass a) Aborigines häufiger so viel trinken, dass es gefährlich wird, und b) sie eine geringere Alkoholtoleranz haben als Weiße – ergo weniger trinken sollten.

      Du sagst, Unterdrückung, Enteignung und Diskriminierung ist der Standardumgang mit den Aboriginal People – kannst du das näher ausführen? Wie werden Aborigines heutzutage unterdrückt? Gibt es Rechte, die Weißen zugestanden werden, nicht aber Aborigines? Wie werden sie enteignet? Und wie diskriminiert? Und vor allem: wie ist die Regierung daran beteiligt?

      Bezüglich der fortgeschrittenen Zivilisation: Ja, die Aborigines waren gut an ihren Lebensraum angepasst, das will ich nicht bestreiten. Aber man kann Nomaden, die unter Bäumen oder in primitivsten Unterkünften hockten, Jäger und Sammler mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von ca. 30 Jahren waren und nicht mal eine geschriebene Sprache hatten, bei aller Liebe nicht als “fortgeschrittene Zivilisation” betrachten.

      Und zum Schluss möchte ich noch erwähnen, warum ich den Eindruck habe, dass du den Artikel nicht sehr gründlich gelesen hast:
      Du bemerkst mehrmals, dass der durchschnittliche Australier sich nicht für Aborigines interessiert. Aber genau das war doch mein Punkt: Dass sich zu wenig darum gekümmert wird, die wirklichen Probleme der Aborigines zu lösen, um ihnen eine noch bessere Lebensqualität im Hier und Jetzt zu verschaffen – statt lang und breit über einen Feiertag zu diskutieren, den (wie du richtig bemerkt hast) die meisten Leute sowieso nicht unmittelbar mit den Ureinwohnern in Verbindung bringen.
      Nein, stattdessen wird den Aborigines ausführlich eingebläut, dass sie vom “bösen, weißen Mann” unterdrückt und entrechtet wurden und keine Chance auf ein gutes Leben haben. Bullshit. Die Lebensqualität der Aborigines ist durch die Siedler deutlich gestiegen; mir wäre nicht bewusst, dass Aborigines in irgendeiner Weise weniger Rechte haben als Weiße; und zum Alkoholismus zwingt sie niemand (obwohl da natürlich argumentiert werden kann, dass die Behandlung der Aborigines maßgeblich dazu beiträgt).
      Die einzige Unterdrückung, denen sie noch ausgesetzt sind, ist dadurch, dass man ihnen rund um die Uhr erzählt, dass sie unterdrückt werden.

  • Ich bin empört über so viel Unwissen und öffentlich rassistische Statements von jemandem, der über dieses Thema etwas schreiben will. Ich habe die Artikel gelesen, aber unterhalte mich lieber mit oder lese etwas von Aboriginal elders oder Aboriginal und non-Aboriginal Akademiker und direkt Betroffenen. Manche von deinen Argumenten sind einfach zu dumm (tut mir Leid) um darauf ernsthaft einzugehen, z.B. deine primitive Vorstellungen von Fortschritt oder die Behauptung, dass es heute keine Diskriminierung, Enteignung und Unterdrückung mehr gibt. Ich nenne nur ein paar Stichworte: 99-year-Leases; Royal Commission into Aboriginal Deaths in Custody; Don Dale; Warnungen der Vereinten Nationen; Mal Brough und der Film Utopia; Mandatory Sentencing und der Begriff ‘Aboriginal Industry’ (vielleicht liest du dieses Buch mal: http://www.mqup.ca/disrobing-the-aboriginal-industry-products-9780773534216.php). Dann verbreitest du noch eine Menge Unsinn, z.B. die geringere Alkoholtoleranz. Lies mal ‘First Taste’ von Professorin Maggie Brady oder wenn dir das zu viel ist, diesen Artikel: http://www.cbc.ca/news/indigenous/aboriginal-people-and-alcohol-not-a-genetic-predisposition-1.2660167. Alleine daran kann ich schon sehen, dass du wenig recherchiert hast und voll die Mythen nachplapperst. Es ist auch deutlich, dass du nicht wirklich verstehst, was Kolonialismus ist. Kolonialismus bedeutet, dass man den Kolonisierten die Möglichkeit raubt, selber ihre Zukunft zu gestalten, mit allen Folgen bis im Hier und Jetzt. Unsinn ist auch dein Satz: “wird den Aborigines ausführlich eingebläut, dass sie vom “bösen, weißen Mann” unterdrückt und entrechtet wurden und keine Chance auf ein gutes Leben haben”. Glaubst du wirklich das Aboriginal People so dumm sind, dass sie sich Dinge einbläuen lassen über sich selbst und die Situation worin viele von ihnen leben? Tjungejunge, du hast aber keine sehr hohe Meinung von deren Intelligenz. Wer bläut ihnen das denn ein? Und was ist ein gutes Leben? Das Leben das du/der australische Staat für gut hält? Hast du schon mal mit Aboriginal People gesprochen über was sie ein gutes Leben finden? Ich rate dir mal zur Tent Embassy in Canberra zu gehen und dich mit jemandem wie z.B. Roxley Foley zu unterhalten. Aber bitte vorher erst noch mal selber ordentlich die Kolonialgeschichte von Australien studieren. Bei der Tent Embassy haben sie nämlich keine Zeit um auch noch uns white fellas über diese Themen zu unterrichten. Die Cliches und Mythen muss man schon vorher selber erkennen und auf dem Müll werfen. Und ja, eine Änderung des Datums bringt nix. Es geht auch nicht um Schuld. Es geht darum, dass wir alle die unterdrückenden Mechanismen, die unsere Vorfahren geschaffen haben, und die du anscheinend unterstützt/nicht wahr haben willst/nicht checkst (ich vermute bei dir das Letzte) und wovon wir alle immer noch profitieren, demontieren. In diesem Licht muss man Australia Day generell moralisch hinterfragen.

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