Panorama

Indigener Tourismus in Australien – Fluch oder Segen für die Aborigines?

Nadab Lookout / Ubirr

Die weltweite Tourismusbranche befindet sich im Wandel. Auch in Australien steigt der Trend zum umwelt- und verantwortungsbewussten Urlauber sowie das Interesse an den Kulturen und Traditionen der indigenen Stämme. Ob und welche Konsequenzen dies für die Lebensweisen der Ureinwohner haben könnte, ist unklar.

Im Tourismusgewerbe stellt der Indigenous Tourism zwar noch ein Nischenprodukt dar, weil nur ein bestimmter Prozentsatz der Australienreisenden damit erfasst wird.

Der Widerhall ist jedoch weitestgehend positiv – in den letzten zwei Jahrzehnten war ein deutlicher Anstieg des “Ecotourismus” zu vermerken.

Einheimische Stämme als fester Bestandteil touristischer Attraktionen

Die Sehnsucht nach einer authentischen Begegnung mit einheimischen Kulturen übt auf immer mehr Besucher ihren Reiz aus. Längst sind indigene Völker zu einer Attraktion für Touristen geworden.

Fragen über mögliche Auswirkungen auf ihre Lebensweise eröffnen eine hitzige Debatte darüber, ob der Indigenous Tourism letztlich mehr Vor- oder Nachteile für die indigenen Stämme mit sich bringt.

Diese Erkenntnis ist sofern wichtig, da sich die Form des Tourismus noch in den Kinderschuhen befindet und daher weiterhin ausbaufähig ist.

Als ältestes Volk der Erde faszinieren die tiefverwurzelten Stämme der Aborigines viele Reisende.

Die Geschichten und Mythen über ihren Lebensraum finden großen Anklang bei internationalen wie auch nationalen Besuchern.

Besonders beliebte Events sind traditionelle Feste, wie z.B. das Tjunga Festival, das im April am Uluru stattfindet und jährlich unzählige Touristen anlockt.

Ein gemeinsamer Dialog hält Vorteile für beide Seiten bereit

Der kulturell übergreifende Austausch bietet die Chance, eine Verbindung zueinander aufzubauen, die das gegenseitige Verständnis stärkt und einen gemeinsamen Dialog ermöglicht.

Mit der öffentlichen Aufmerksamkeit könnten Missstände und Nöte der Ureinwohner angesprochen und somit eine ökonomische Unabhängigkeit geschaffen werden.

Das würde sich in Australien besonders auf die Landnot der Aborigine-Stämme positiv auswirken, denn damit könnten sie ihre Autonomie zurückerlangen und ihre unterdrückte Kultur wiederbeleben.

Ein Ausbau der Beziehungen zwischen Indigenen und Touristen würde primär im sozialen Bereich zu Verbesserungen führen. So könnten z.T. noch immer vorherrschende Vorurteile gegenüber den Aborigines überwunden und der Weg in eine unparteiische, gerechtere Zukunft geebnet werden.

Die Relevanz des wirtschaftlichen Faktors ist ebenfalls nicht zu unterschätzen: Es ist nicht nur wichtig, neue Arbeitsplätze für lokal ansässige Ureinwohner zu schaffen, sondern auch die Entscheidungsgewalt über sämtliche Entwicklungen wie auch Verwaltungsangelegenheiten den traditionellen Besitzern zu überlassen.

Dadurch bekämen sie die Möglichkeit, auf gleicher Ebene über den Tourismus in ihrer Region zu bestimmen bzw. aus einer starken Position heraus verhandeln zu können.

Die zwei Seiten der Medaille

Das wäre vor allem für die Industrie von Bedeutung. Die größte Gefahr für diese Art des Tourismus birgt sich nach wie vor in der Übernahme durch dominante, ausländische Unternehmen, die ihre Profitgier über das Wohl der Einheimischen stellen.

In diesem Falle wäre es wahrscheinlich, dass anstelle eines nachhaltigen und bewussten Umwelttourismus der Massentourismus Einzug halten könnte.

Die Kommerzialisierung der Kultur würde dann den Verlust der indigenen Identität bedeuten. Das kulturelle Erbe wäre schlussendlich durch die berauschende Wirkung des Dollars kompromittiert.

Um den Untergang der indigenen Kulturen im Neoliberalismus zu verhindern, muss der internationale Tourismus die Vielseitigkeit der Stämme begreifen, welche jeweils für die einzelnen Regionen Australiens einstehen. Der Erhalt der regionalen sowie kulturellen Einzigartigkeit ist tatsächlich nur durch die Selbstbestimmung der ersten Völker des roten Kontinents und dem Respekt der Touristen ihnen gegenüber gegeben.


© Fotos: Tourism Northern Territory / Shaana McNaught
Quellen: R. Butler, T. Hinch (Hrsg.): “Tourism and indigenous peoples”; D. Foley: “Australian Aboriginal Tourism: Still an opportunity, but keep the culture intact”; Touristik Aktuell

Autor/in des Artikels

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Alexandra Sitek

Als leidenschaftliche Weltenbummlerin lässt sich Alexandra für andere Kulturen und Bräuche begeistern. Nach dem Abitur packte sie die Reiselust, wodurch sie ein Jahr Down Under und im Land der Kiwis verbrachte. Seitdem tourt sie immer mal wieder durch die Weltgeschichte und sucht nach dem 'place to be'.
Neben dem Reisen zählt das Schreiben ebenfalls zu ihren Passionen.

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