Was ist ein Backpacker eigentlich im ureigenen Sinne?
Was unterscheidet ihn von den in Massen auftretenden, gut durchorganisierten Pauschaltouristen? Von dem vereinzelt gesichteten Studienreisenden? Von dem in abenteuerlicher Askese lebenden Trekker? Von dem Freund des “Ein-Achsen-Lebensstandards”, auch Wohnwagen genannt?
Ich denke, es ist das Leben im Hostel, im Backpacker, was diese Spezies so einzigartig macht.
Ich möchte daher einmal kurz so meinen Tag anreißen und beschreiben, wie ich ihn selbst so allzu oft erlebt habe.
Da ich gerne die Gegend bereise, bin ich auch des Öfteren unterwegs. Trotzdem war für mich immer das Ausschlafen wichtig – es ist soooo erholsam! Wenn einen dann der Hunger, der Durst oder die Blase in die Vertikale treibt, so beginnt für mich der Tag mit frühstücken und Katzenwäsche/Dusche.
Zum Frühstück hat man Tage vorher alles Leckere eingekauft, fein säuberlich mit Namen und Datum beschriftet und im Kühlschrank verstaut, von wo man es nun köstlich vor sich ausbreitet. Das tolle “Gummibrot” in Australien (Whitebread kann man auf einen Zentimeter zusammendrücken, von wo es danach wieder fast zur vollen Größe aufploppt) lässt im Toaster erkennen, dass es an Bräune gewinnen kann. Und die selbst-gemachten Crumbled eggs duften herrlich!
Während dieser Zeit entscheide ich entweder kurzfristig, ob meine Pläne beibehalten, abgeändert oder grundsätzlich umgeschmissen werden.
Die Tipps und Erzählungen der anderen Backpacker, die sich mit halb offenen Augen und einem schlurfenden Gang zu einem an den Tisch gesellen, und das Wetter spielen hierbei eine große Rolle.
Prince of tides
Nach diesem Frühstück und dem Date mit der Zahnbürste packe ich entweder meinen Krempel und schmeiß’ ihn ins Auto, in den Bus oder auf den eigenen Rücken, um mein geplantes/geändertes Vorhaben in die Tat umzusetzen. Oder ich packe alles ein bisschen zusammen und schnappe Handtuch, Buch, Sonnenbrille und Trinkwasserflasche, um den Wellen in meiner Paraderolle Prince of tides Einhalt zu gebieten. Oder ich setze mich mit Fotoapparat, ein paar nach dem Frühstück geschmierten Wurst-/Käsebroten, Crackern oder den “sauguten” frisch gebackenen englischen Cookies und dem lokalen Reiseführer im Daypack ins Auto für einen Kurztrip oder Wanderung. Oder ich treffe mich mit anderen Backpackern, um ein gemeinsames Vorhaben anzugehen.
So kann’s denn passieren, dass man sich des Abends auf einem Maori-Konzert wiederfindet, das man selbst nie besucht hätte. Und Wahnsinn, was man dann alles verpasst hätte.
Oder dass man zu einem BBQ (Barbeque) eingeladen wird und sich mit den Gästen über Gott und die Welt unterhält. Oder dass man sich plötzlich nicht in Darwin sondern in Perth wiederfindet. Oder einen Abstecher zum “letzten richtigen Königreich” nach Swasiland macht, um dort in einem Hostel mitten im Nationalpark zwischen Impalas und Emus zu wohnen (ok, war ‘ne spontane Entscheidung. Insbesondere das Backpacker-Abendessen: frisch gegrillte Impala!). Oder, dass man dort Leute trifft, die eine Reise überdauern und die man immer und immer wieder trifft, um neue Schandtaten zu begehen.
Und wenn ich irgendwann mal einen “Pinkelbeutel” hinter mir herziehe …
Ich bin da eher aktiv. Und wenn ich irgendwann mal einen “Pinkelbeutel” hinter mir herziehe, dann werd’ ich Organisationen ansprechen oder Pauschalreisen buchen. Und ausruhen kann ich immer, wenn ich das möchte und nicht der Reiseleiter.
Wenn dann im fortgeschrittenen Alter mal ein kleiner Zettel meine große Zehe ziert, dann hab ich sicher genug Ruhe.
Wenn sich dann langsam der Tag dem Ende neigt, man eine Bleibe für die Nacht gefunden hat (falls man auf der Suche war), dann kommt man zurück, genießt die Dusche und das frische Wasser, geht an den die Menschheit revolutionierende Frischhalteschachtel (Kühlschrank), um die entweder zwischendurch käuflich erworbenen Lebensmittel einzulagern oder, um die einem zugedachte “Plastik-Vorratskammer” mit darin liegendem Steak hervorzukramen, um es dann typisch “english” zuzubereiten. Ein guter trockener, roter Shiraz (ich bevorzuge nicht nur des Geschmacks wegen einen Wolf blass) rundet das Ganze mit einer würzigen Eigennote ab.
Andere Backpacker treffen ein, bereiten sich ihr Abendessen zu oder versuchen sich in Gruppenkochen. Essen tut man dann meistens mit Anderen, die einem von ihren Tagestrips erzählen und ihre Meinung zum Tagewerk abgeben. Oft sind gute Tipps und Infos dabei. Und während des Essens habe ich schon ein paar Mal den nächsten Tag vollkommen umgekrempelt.
Sollte man also nicht mehr die Kraft haben, die Trecks in Richtung Kneipe mitzumachen und der Wein nicht greifbar war, dann kann man sich alternativ im Aufenthaltsraum ein Foster Bitter, ein Castle-XXXX oder ein Hahn-Lager mit anderen zusammen zu Gemüte führen und den grandiosen Tag ausklingen lassen.
Der nächste grandiose Tag kommt morgen!
© Fotos: Sebastian Hopf; Eline Bakker; Unsplash
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