Eine Reihe neuer Abenteuer und Initiativen lässt tief in die Lebenswelt der Ureinwohner Queenslands blicken und bereichert die bereits bestehende Vielfalt indigen geführter Touren und Erlebnisse in Australien.
Reisende haben damit die Möglichkeit, die facettenreichen Landschaften und das Leben im zweitgrößten Bundesstaat Australiens durch die Augen der Aborigine zu sehen, sei es indem sie das Great Barrier Reef an der Seite eines indigenen Guides erkunden, bei einer Wanderung zu Stätten der Felsmalerei einen anschaulichen Einblick in Jahrtausende alte Geschichte bekommen oder über das Medium der Kunst ein Verständnis für Identität und Kultur der First Nation Völker entwickeln.
Der Reichtum an Angeboten trägt außerdem zur Unterstützung der indigenen Gemeinden und der Schaffung von Arbeitsplätzen für künftige Generationen bei. Nicht zuletzt engagieren sich viele der indigenen Veranstalter für den Schutz des Great Barrier Reef – zum Teil anhand traditioneller, über Generationen hinweg überlieferter und bewährter Methoden.
BRISBANE: Indigene Kunst und Kulinarik
Im Herzen von Brisbane auf dem traditionellen Land der Jagera, Ugerra & Thurrbal erwartet Besucher seit 2020 ein zu 100 % indigen geführter kultureller Hotspot. Die vom First Nation Künstler Birrunga Wiradyuri mitbegründete „Birrunga Gallery and Dining“ gilt als einziges Unternehmen in Brisbane, welches indigene Kunstwerke, Kunstdrucke sowie Kunsthandwerk auf ethischen Prinzipien basierend einkauft, ausstellt und verkauft.
Birrunga selbst stammt vom Land der Wiradyuri in New South Wales ab und ist an der Sunshine Coast in Queensland aufgewachsen. In seinen Workshops lässt er Gäste über das Medium der Kunst in die australische Geschichte eintauchen, von der Zeit des ersten Kontakts zwischen Europäern und First Nations bis hin zu den traumatischen Ereignissen, welche das Leben der indigenen Völker bis heute prägen. Durch sein Engagement möchte Birrunga Möglichkeiten aufzeigen um Empathie und Heilung zu erfahren.
Als erfolgreicher Künstler und Mentor setzt er auf die Förderung junger indigener Talente und die Anstellung indigener Teammitglieder. Mit seiner Stiftung unterstützt er zudem indigene Häftlinge und deren Familien. Gäste des dazugehörigen Birrunga Cafés kommen auf den Geschmack traditioneller Aromen und indigener Zutaten, die zu zeitgenössischen Kreationen verarbeitet werden. Zu den Spezialitäten zählen das 12 Stunden lang geschmorte „Pulled Emu“ und das Känguruhack-Curry.
Mehr Information: birrunga.com.au
CAIRNS: Im Takt mit der Natur
Erst kürzlich stellte der zu 100 % von Traditional Owners geführte, bis dato nur auf Gruppen spezialisierte Veranstalter Mandingalbay Ancient Indigenous Tours die „Hands on Country“ Tour für individuelle Reisende vor. Von Cairns aus geht es per Boot in den Trinity Inlet, wo das Salzwasser auf das Süßwasser trifft, welches aus den Bergen der Mandingalbay Yidinji Country fließt.
Die indigenen Ranger, welche die Tour führen – alle Nachfahren eines großen, im 19. Jahrhundert geborenen Kriegers – verbrachten das letzte Jahrzehnt damit, die Flora und Fauna auf ihrem Land zu dokumentieren. Gemeinsam mit Wissenschaftlern arbeiteten sie daran, den natürlichen Zustand der von der Landwirtschaft geschädigten Feuchtgebiete wieder herzustellen. Das dabei angesammelte Wissen geben die Guides nun gerne bei einem Spaziergang preis. Gäste erfahren, wie die Natur dem Volk der Mandingalbay Yidinji weiterhin als Supermarkt, Apotheke und Baumarkt gleichermaßen dient. Auch ein stimmungsvolles „Deadly Dinner“ mit traditionellen Speisen, Tänzen und Gesang inklusive Camping-Übernachtung gehören zu einem Erlebnis mit Mandingalbay Ancient Indigenous Tours dazu.
Aktuell sorgt der Veranstalter für neun Vollzeitstellen, die wiederum Arbeitsplätze für die kommenden Generationen sichern sollen und zugleich dazu beitragen, die indigene Kultur und Identität zu bewahren.
Wir haben ausführlich über diese Tour berichtet
PORT DOUGLAS: Streifzug durch den ältesten „Supermarkt“ der Welt
Juan Walker, stolzer Angehöriger des Kuku Yalanji Volkes, nimmt seine Gäste mit auf einen Streifzug durch die Mangrovenwälder und das Wattenmeer auf dem Land seiner Ahnen – auf der Suche nach Meeresfrüchten, die später zu einer Mahlzeit verarbeitet werden. Besucher werden staunen, wenn sie merken, mit welcher Fülle an Nahrung die auf den ersten Blick „leeren“ Ufer aufwarten.
Die Tour startet im ältesten Regenwald des Planeten, dem Daintree Rainforest, mit einer kurzen Einführung in die Geschichte der dort seit jeher beheimateten Kuku Yalanji. Auf dem anschließenden Ausflug lernen die Besucher über die Pflanzen, die an den Ufern des Ozeans wachsen und wie diese als Heilmittel oder Nahrung Verwendung finden.
Juan erzählt über die Tradition und Bräuche seiner Familie. Seine Großmutter wurde als letzte auf dem traditionellen Land geboren, bevor sie von den europäischen Siedlern aus dem Regenwald weggebracht wurde. Die Verbindung mit ihrem Zuhause riss jedoch niemals ab, denn damals wurden die Plazentas der Neugeborenen traditionsgemäß auf ihrem Land ausgelegt. Als Juans Kinder auf die Welt kamen, führte er diesen Brauch fort. „Wir sind alle mit unserem Land und unserer Heimat verbunden. Wenn wir uns nicht um diese sorgen, verschwinden wir. Für uns ist es wichtig, das Land nicht zu kontrollieren, sondern es zu bewahren, so dass auch künftige Generationen ihr Leben hier führen können.“, so beschreibt Juan Walker die Beziehung zu seinem Land. „Die Stammesältesten hatten bei uns immer den wichtigsten Job – nämliche die ganz Kleinen zu betreuen, mit ihnen durch die Wälder zu ziehen und ihnen die wesentlichen Dinge des Lebens beizubringen.“
Buchen kann man diese Tour über Viator (*)
COOKTOWN: Tradition trifft auf Moderne
Besucher erleben, wie die Kultur der Aborigine in heutigen Zeiten weitergeführt wird, und wie sich mit traditionellen landwirtschaftlichen Methoden das Great Barrier Reef direkt von der Quelle aus schützen lässt. Schmutzablagerungen, die mit dem Normanby River, dem drittlängsten Fluss Queenslands, sonst ans Great Barrier Reef gelangen würden, werden durch diese Methoden reduziert. Studien zeigen, dass genau diese Ablagerungen die für die Korallen besonders schädlichen Dornenkronenseesterne ernähren.
Vince Harrigan, dreifacher Vater und stolzer Aborigine, der die Normanby Station bewirtschaftet, ist dabei der geborene Unterhalter. Gemeinsam mit seinen Brüdern lässt er Besucher in die Geschichten der Traumzeit eintauchen, die ihnen von deren Vater und Großvater weitergegeben wurden. Durch geheime Durchgänge im Hochland führt die Tour außerdem zu 6.000 Jahre alten Felsmalereien, die Krokodile, Dingos, Emus, Barramundi und sogar Segelschiffe darstellen. Die letzteren gelten als Dokumentation der ersten Besuche aus Europa.
Vince zeigt seinen Gästen das Land seiner Vorfahren, und lässt auch die schaurigen Aspekte der Geschichte nicht aus, wenn er von den verzweifelten Versuchen seines Volkes erzählt, dessen Kinder vor der Verschleppung durch die Kolonisten zu bewahren. „Culture Connect“ zeigt zwei Seiten der Aboriginal-Kultur, jene althergebrachte, die etwa durch die Darstellungen des damaligen Lebens in den Felsmalereien zum Ausdruck kommt, und die zeitgenössische, wie sie sich zum Beispiel in der nachhaltigen Bewirtschaftung der Normanby Station manifestiert. „Was die Tour zeigt, ist, dass die Kultur der Aborigine keine tote Kultur ist. Es ist eine Kultur, die sich stetig weiterentwickelt.“, erklärt Roger de Vos, Tourimus-Partner von Culture Connect.
Mehr Information: cultureconnect.com.au
CAIRNS: Einblicke in den größten Organismus des Planeten und die älteste Kultur der Welt
Direkt vor Ort am Great Barrier Reef arbeiten Angehörige der “Sea Country” Völker bei Dreamtime Dive and Snorkel gemeinsamen mit AMPTO (Association of Marine Park Tourism Operators) daran, die Populationen der Dornenkronenseesterne durch die Zugabe von Rindergalle zu dezimieren. Der indigene Tourenveranstalter legt großen Wert darauf, auch seinen Gästen das marine Ökosystem nahezubringen und gleichermaßen qualifizierte Einblicke in die Geschichte und Kultur der Aborigine zu gewähren.
So besteht die Crew zum einen aus Meeresbiologen und zum anderen aus den Vertretern vier verschiedener Stämme, den Gimuy Walubara Yidinji, Gunggandji, Mandingalbay Yidinji und Yirrganydji, deren Heimatland sich von Frankland Island südlich von Cairns bis zur Torres Strait erstreckt. Der Veranstalter setzt auf die systematische Ausbildung indigener Jugendlicher, die sich der Crew als Ranger und Erzähler anschließen, aber auch weitere Qualifikationen erlangen, so dass sie am Ende etwa Tauchgänge führen, als Skipper arbeiten oder gar das Studium der Meeresbiologie absolvieren.
Für Besucher soll ein Tag mit Dreamtime Dive in jedem Sinne bereichernd sein: Während der Fahrt zum Schnorcheln an zwei der farbenprächtigsten Stellen des Great Reef, nämlich Flynn Reef und Miln Reef, erwecken indigene Ranger die Schöpfungsgeschichte des Great Barrier Reef sowie 60.000 Jahre alte Geschichten durch Gesang, Tanz, kulturelle Artefakte und Instrumente wie dem Didgeridoo zu neuem Leben.
Buchen kann man die Tour über Viator (*)
Mooloolaba: Segeltörn an der Sunshine Coast mit einer Prise Geschichte
Auf einer 100 Jahre alten, aufwendig restaurierten Ketsch aus Holz segeln Besucher an der Seite von indigenen Guides der Kabi Kabi und Gubbi Gubbi Völker durch die Kanäle von Mooloolaba und bis kurz vor dem offenen Ozean, wo die Tour mit einem großartigen Ausblick auf Mt. Coolum endet. Die Guides geben althergebrachte Geschichten und Legenden über deren Stätten und Orte mit symbolischer Bedeutung an der Sunshine Coast zum Besten.
Ein Erlebnis per se: Das aus einem tasmanischen Nadelholz gebaute Segelboot namens „Spray of the Coral Coast”, welches als ältestes “Spray”-Segelboot Australiens, gilt – eine exakte Replik jenes Segelbootes, mit dem Joshua Slocum zwischen 1895 und 1898 als erster Mensch die Welt umsegelte.
Simon Thornalley, der Saltwater Eco Cruises im Jahre 2020 ins Leben rief, stammt selbst aus einer Familie mit großer Segelgeschichte. Bereits sein Urgroßvater war ein Seemann, genauso wie Simons Eltern, mit denen er als Kind um das Great Barrier Reef und die Torres Strait segelte. Simon ist ausgebildeter Schiffsführer und überquerte als Erster Offizier eines Charters drei Mal den Südlichen Ozean bis in die Antarktis. „Ich wurde in ein Leben auf dem Meer hineingeboren, oder “Malu”, wie wir in den Straits zu sagen pflegen. Ich wusste, dass ich mit dem Ozean in Verbindung bleiben muss. Erst vor wenigen Jahren, als ich mit meiner Partnerin Jena durch die Whitsundays segelte, begriff ich, dass meine Leidenschaft und Erfahrung mit dem Ozean etwas von großer Bedeutung ist, dass ich mit anderen teilen möchte.“ erzählt Simon.
Mehr Information: saltwaterecotours.com.au
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Fotos: Tourism & Events Queensland; Tourism Tropical North Queensland
Quelle: Ella Grigorovici / Tourism & Events Queensland
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