Auf der Erde gibt es so viele sehenswerte Flecken und man schafft es kaum, die eigenen 4 Wände zu bereisen. So war es auch für Corey bisher. Sein Leben spielte sich in einem Umkreis von 400 km ab – mit Sea Lake als Mittelpunkt. Eine Ausnahme war eine Jugendreise nach Vancouver zu Leichtathletik-Spielen. Dann kam ich und plötzlich sitzt er, viel zu häufig, wie er findet, in irgendwelchen Flugzeugen rund um die Welt.
Nachdem wir im vergangenen Jahr nach Paris geflogen sind, wollte Corey dieses Mal London entdecken. Fair enough, wie die Australier sagen. Schließlich hat jeder zweite Bewohner Down Unders seine Wurzeln auf der Insel. So auch Corey. Väterlicherseits liegen die Ur-Ur-Ur-Ursprünge sogar in Deutschland, bis sich einer aus der Sippe entschied, nach England auszuwandern – irgendwann im Mittelalter. Das „von“ aus seinem Nachnamen „von Stadon“ musste weichen und so blieb nur noch das „Stadon“ übrig.
Sein Großvater schließlich war es, der nach dem 2. Weltkrieg auf einem Dampfer nach Australien übersiedelte und den australischen Zweig der Stadons begründete.
Es hieß also back to the roots für Corey. Back to Linksverkehr, Meat Pies und der Muttersprache. Doch „Muttern“ hört sich hier so viel anders an. Wenn er auf eines nicht gefasst war, dann war es der englische Akzent. Natürlich kennt er ihn von Australien. Dort schwirren genug Insulaner herum. Aber wenn man sich plötzlich inmitten von Millionen British-English sprechenden Menschen befindet, leidet das Aussie-Ohr unbekannte Qualen. Für Corey klingen die „Pommies“, wie die Aussies die Engländer nennen, einfach nur wie Snobs. Ich glaube, wir können das mit Hochdeutsch und Bayrisch/Sächsisch vergleichen. Da versteht der eine den anderen auch nur mit Widerwillen.
Schließlich hab ich Corey davon überzeugt, dass das „British English“ für uns Ausländer wohl das einfachste zu verstehende Englisch ist. Gerade weil sie jede Silbe und jedes Wort so überdeutlich betonen. Herrlich! Wesentlich besser als das alles verkürzende und verschluckende Aussie Englisch. No worries!
Abgesehen von sprachlichen Sticheleien hat uns London sehr viel Spaß gemacht. Untergekommen sind wir in einem Hostel – mit dem Luxus eines Zweibettzimmers, versteht sich. Es gab zwar ein Doppelstockbett, nur hielt das Corey nicht davon ab, in mein unteres Geschoss hineinzuklettern. Nach zwei Tagen Gliederschmerzen am frühen Morgen entschieden wir uns dann aber doch, in getrennten „Etagen“ zu schlafen.
Unser Hostel lag zwar etwas abseits der City, aber dafür gab es im Erdgeschoss den hauseigenen Pub mit dazu. Unser allabendlicher Genuss wurde hier gestillt. Den Luxus, auch mal in der Stadt auszugehen, gönnten wir uns ein einziges Mal. Alles andere verursachte in unseren Portmonees akute Magersucht. 35€ für zwei Kinokarten und eine Cola war Luxus genug. Aber James Bond am Drehort zu schauen, war einfach zu verführerisch.
Das Wetter zeigte sich typisch britisch. Sonne hier, Wolken da, Regen von oben, Pfützen von unten. Wir liefen und staunten und lachten – vom Parlament über Buckingham Palace bis hin zum Hyde Park. Von den Camden Markets bis hinaus nach Greenwich und zurück zum Piccadilly Circus. Hinein ins British Museum und Harrods. Hinauf aufs London Eye und die Tower Bridge. Und natürlich immer wieder hinunter in die endlosen Gänge der Tube! Please mind the gap.
Corey genoss es jedenfalls, wieder ein Stück Heimat um sich zu haben. Zurück nach Berlin, „back home“, wollte er trotzdem.
Schreibe einen Kommentar