Wenn es nicht so traurig wäre, könnte es der Stoff zu einem schlechten Witz sein. Eine Jäger-Gruppe besuchte die neuseeländische Motutapo Insel, um Pukekos – eine weit verbreitete Vogel-Art – zu schießen. Stattdessen wurden versehentlich vier vom Aussterben bedrohte Takahe Laufvögel erschossen.
Eigentlich dürfte es schon gar keine Takahes mehr geben. Der Takahe ist ein etwas merkwürdiger, in vielerlei Hinsicht typisch neuseeländischer Vogel: Flugunfähig und irgendwie putzig in seiner rundlichen Schusseligkeit.
Die blau-grünen Laufvögel mit dem markanten roten Schnabel ernähren sich vorwiegend von zähem Tussock-Gras, sind völlig harmlos und aufgrund ihrer Wehrlosigkeit gegenüber äußeren Umwelteinflüssen seit langer Zeit vom Aussterben bedroht. Lange sah es so aus, als sei der Takahe für immer aus der neuseeländischen Landschaft verschwunden – genau so, wie etwa der legendäre Riesenlaufvogel Moa. Da im späten 19. Jahrhundert keine Tiere mehr gesichtet wurden, galten Takahes zwischen 1898 und 1947 sogar bereits offiziell als ausgestorben. Um so erstaunter waren Forscher, als sie 1948 einige Exemplare im heutigen Fiordland Nationalpark auf der Südinsel wiederentdeckten – und sofort unter strengen Naturschutz stellten.
Heute gibt es wieder etwa 300 Takahes, doch die Art bleibt vom Aussterben bedroht. Zwei Drittel der Bestände befinden sich deshalb in gesicherten Umgebungen – etwa in Wildtier-Schongebieten und auf von Fressfeinden befreiten Inseln vor der neuseeländischen Küste. Ungefähr 100 weitere Takahes leben wild im Fiordland Nationalpark.
Seit 11 Jahren leitet das neuseeländische Umweltministerium DOC ein teilweise privat finanziertes Aufzuchtprogramm, das bis 2020 landesweit 125 Brutpaare etablieren soll. Für einen ihrer Nationalvögel lassen sich die Neuseeländer nicht lumpen: Bislang liegen die Kosten für das Programm insgesamt bei knapp 450.000 NZ$; zusätzlich beteiligen sich landesweit hunderte Freiwillige an den verschiedenen Projekten.
Die nun versehentlich erschossenen Takahes waren auf der Motutapu Insel heimisch. Die Insel liegt im Hauraki Golf, nur eine kurze Fährfahrt von Auckland entfernt und ist über einen Damm mit der Vulkan-Insel Rangitoto verbunden. Motutapu ist seit 2011 offiziell frei von Raubtieren. In den vergangenen Jahren wurden dort unter der Schirmherrschaft des Motutapu Restoration Trust diverse einheimische Vogel-Arten, wie etwa braune Kiwis, Pateke-Enten und eben Takahes, angesiedelt.
Die Jäger waren vor Ort, um die Bestände des ebenso einheimischen, aber sehr häufig vorkommenden Pukekos um bis zu 600 Tiere zu lichten. In den vergangenen Jahren hatten sich die Pukekos vor Aucklands Küste so drastisch vermehrt, dass sie durch Verdrängung oder das Fressen von Eiern unter Umständen eine Gefahr für andere, seltenere einheimische Vogel-Spezies hätten bilden können.
Der Pukeko sieht dem Takahe auf den ersten Blick ähnlich, ist jedoch viel kleiner, deutlich dunkler gefärbt und kann fliegen. Entsprechend gab es eine Anweisung an die beteiligten Jäger, ausschließlich auf in der Luft befindliche Vögel zu feuern. Wie es trotzdem geschehen konnte, dass vier der 21 auf der Insel heimischen Takahe offenkundig von Jäger-Schrotflinten getötet wurden, ist nun Gegenstand einer offiziellen Untersuchung. Eines ist sicher: Erfreut ist wohl niemand über die Vorfälle.
Nicht der Maori-Stamm, der vor einigen Jahren seine Zustimmung gegeben hatte, die Vögel von Fiordland nach Motutapu umzusiedeln; nicht die zahlreichen beteiligten Freiwilligen, Stiftungs- und DOC-Vertreter und nicht die neuseeländischen Medien, die viel lieber von Umweltschutz- und Aufzucht-Erfolgen berichten. Auch der Jagdverband selbst, der sich gern als Bewahrer der einzigartigen neuseeländischen Flora und Fauna darstellt, gibt sich zerknirscht – und verspricht lückenlose Aufklärung. Kein Wunder, schließlich sind die ohnehin umstrittenen Jagdlizenzen auf einheimische Vögel in Gefahr.
So oder so sollte ein Jäger, der fliegende nicht von Laufvögeln unterscheiden kann, wohl besser keine geladene Schrotflinte mehr in die Hand bekommen.
Quellen: DOC; IFLScience; Motutapu Trust; NZ Herald 1; 2
© Fotos: Eline Bakker
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