Die vor einem Jahr geänderten Kriterien des Working Holiday Visums ermöglichen nur noch eine Verlängerung, wenn man mindestens 88 Tage gegen Bezahlung auf einer Farm gearbeitet hat. Damit verfällt für Wwoofer ein zweites Jahr Down Under. Einige Farmer sehen darin den Grund für den Rückgang von freiwilligen Helfern.
Theresa Thompson zählt zu eben diesen Farmern. Sie und ihr Mann betreiben in der Nähe von Batchelor (Nothern Territory) eine Farm. Das junge Unternehmen ringt allerdings derzeit ums Überleben. Um die 65 ha Land zu bestellen und zu bewirtschaften, fehlt es an zusätzlichen Händen, die beim Anpacken helfen. Da die Thompsons auf billige Arbeitskräfte angewiesen sind, kam ihnen das Wwoofing-Programm sehr gelegen.
Wegen fehlender Helfer stockt die Produktion
Im vergangenen Jahr halfen 70 fleißige Wwoofer bei der Aussaat und Ernte mit. Dieses Jahr, nach der Gesetzesänderung, besuchten bis jetzt gerade mal fünf Wwoofer die Thompsons auf ihrer Farm. Laut Theresa, wirkt sich das stark auf das Unternehmen und dessen Einnahmen aus. So war es ihnen z.B. nicht die möglich, die benötigte Produktion zu stemmen, um sich auf den Markt durchsetzen zu können.
Die Prognose für das kommende Jahr fällt ebenfalls nicht rosig aus, da die Thompsons aufgrund mangelnder Feldarbeiter nicht in der Lage waren, die notwendige Saat für die nächste Ernte auszusäen.
Änderungen der Kriterien für das zweite Visa sollen vor Ausbeutung schützen
Konfrontiert mit den Vorwürfen erklärte sich das zuständige Amt, das Department of Immigration and Citizenship (DIAC), dem ABC Rural gegenüber nur zu einer schriftlichen Stellungnahme bereit. Darin wird betont, dass zwischen Reisenden mit Working Holiday Visa und australischen Arbeitnehmern keine Unterschiede in Arbeitsrecht und -schutz vorgenommen werden.
Entsprechend den Regelungen des Fair Work Acts von 2009 sowie der jeweiligen staatlichen Gesetzgebung müssen australische Arbeitgeber ihre Mitarbeiter mit einer finanziellen Vergütung entlohnen. Diese Regelungen sind im Sinne des Arbeitnehmers und sollen ihn vor Ausbeutung schützen. Im Rahmen des Working Holiday Visas wird der Akzent hierbei besonders auf die Fruitpicking-Branche gelegt.
Selbe Leistung – ungleiche Behandlung
Da das Wwoofing-Programm bewusst auf eine geldliche Entlohnung verzichtet, greifen die gesetzlichen Rahmenbedingungen hier nicht mehr. Nur aus diesem Grund kann ein 2nd-Visa nicht mehr über Wwoofing erworben werden.
Obwohl das Programm seinen Hauptaugenmerk auf den kulturellen und sozialen Austausch legt, ändert sich nichts an der Tatsache, dass Wwoofer genauso eine schwere, körperliche Arbeit leisten wie bezahlte Angestellte. Nur weil keine leistungsorientierten Interessen verfolgt werden, büßt das Wwoofing dennoch nicht an wirtschaftlicher Relevanz ein.
Schlussendlich liefern die eingefahrenen Erträge der Wwoofing-Hosts einen Umsatz, wie die anderer Farmen auch. Das gesetzliche Missverhältnis ist daher nicht gerechtfertigt und es braucht auch nicht zu verwundern, wenn sich einige Wwoofer und ihre Gastgeber benachteiligt fühlen.
Maria Chippendale aus Townsville ist ein weiteres Mitglied des Wwoofing-Programms, Hobby-Farmerin und Reiseagentin, die sich gänzlich im Nachteil fühlt. Ihrer Ansicht nach versteht die australische Regierung weder den Sinn noch die Umsetzung des Wwoofings.
Sicherlich kommen auch „schwarze Schafe“ vor, doch die Ausnahme bestätigt in diesem Fall nicht die Regel. Wieso deshalb gleich eine komplette Gesetzesänderung eintreten muss, bleibt ihr ein Rätsel.
Die Thompson Familie verdeutlicht zwar, welche wirtschaftlich Auswirkungen bestehen können. Speziell hier muss aber kritisch hinterfragt werden, wie ein junges Unternehmen seinen Erfolg begründen will, wenn es hauptsächlich auf die Unterstützung von freiwilligen Helfern spekuliert?
Das Risiko war der Familie bewusst, weshalb sie auch die Konsequenzen ihrer Entscheidung tragen muss.
Dennoch ist die Sorge und die Kritik angebracht, denn es handelt sich definitiv um eine gesetzliche Diskriminierung von Wwoofern mit Working Holdiay Visa. Ihnen wird das Recht auf ein zweites Jahr Down Under abgesprochen, nur weil sie ihre Prioritäten auf soziale und nicht finanzielle Aspekte setzen.
© Fotos: Tourism & Events Queensland
Quellen: abc.net.au
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